UND INNEN TANZEN WIR. IMMERZU

Text für einen imaginären Tanz (2020)

 

 

 

 

WER

 

Unbestimmte Anzahl an Körpern. Unbestimmte Geschlechter oder Viele

Menschen Wesen Kriecher Flieger Frauen Männer Steppentänzer

 

 

WO

 

Unbestimmter oder konkreter Raum.

Hier Dort Da Nirgends

 

 

WANN

 

Unbestimmte oder konkrete Zeit.

Jetzt Dann Damals Nie

 

 

ABC DER BEWEGUNGEN

 

Werden Verändern Vergehen Transformieren Mutieren Berühren Vermischen Spüren Verbinden Leben Versammeln Schmecken Verfugen Auflösen Orientieren Vibrieren Kriechen Sterben Krabbeln Atmen Stehen Gehen Rennen Schwingen

Fallen Drehen Hüpfen Schleichen Verbiegen Sehen Denken Fühlen Riechen Umarmen Falten Verwandeln

 

 

RAUMWEGE

 

Gerade Zirkulär Diagonal Horizontal Vertikal Vor Mehrdimensional Muster Knoten

Konkrete Verortung

Dezentrale Auflösung

Direkt

Indirekt

Verschlungen

Zurück

Kreise Ornamental Oben Unten Hinten Vorne

Dazwischen

Dahinter Drüber Drunter Quadratisch Triangulär Mehrspurig

 

 

IMPROVISATIONEN

 

Träume sehen

Die erste Bewegung

Ohne Distanz

Die Versammlung

Gründen

Schwinden

Manchmal trübt sich die Linse

 

 

 

 

Akt 1: die erste Begegnung

 

Der Raum in den du siehst ist dunkel. Es riecht nach feuchtem Sand und Nebel.

Es ist still. Deine Augen gewöhnen sich allmählich an die Dunkelheit und helle

Schemen treten aus ihr hervor. Das ganze Bild ist diffus, undeutlich, uneindeutig.

 

Du blinzelst.

Du blinzelst.

Du blinzelst.

 

Ein dünner Lichtstrahl fällt von irgendwo her in den Raum.

Das Bild wird deutlicher.

Die hellen Schemen, die auf dem feuchten Sand im Nebel liegen, sind Körper.

Nackte Körper. Sie liegen in verschiedenen Posen.

Gemeinsam bilden sie eine Körperlandschaft.

Es könnten auch Steine sein - aus einer anderen Perspektive.

Die nackte Haut und der Sand ein werden zu einem Gemisch, einer Sandhaut,

oder einer Hautsandigkeit.

Kleine Partikel, Schuppen, Schüppchen, Körnchen, reiben sich aneinander ab.

 

Woraus sind wir gemacht?

Der Raum atmet die Körper. Die Körper atmen den Raum. Lungenflügel flattern zwischen den Rippen. Das Zwerchfell bewegt sich auf und nieder, spannt sich, entspannt sich. Rippen weiten sich, Rippen ziehen sich zusammen.

 

Weit eng.

Im Wechsel.

Weit eng.

Im Wechsel.

Weit eng.

 

Rippenbögen sind Lungenumarmerinnen. Schutzzonen, Container, Stäbe,

Gitter, Knochen. Ohne Rippen wären Lungen haltlose Flügel.

Auseinandergefaltet sind sie riesig.

 

Jeder Mensch verfügt über ein individuelles Skelett. Der kleinste Knochen des Menschen ist im Ohr zu finden. Der längste und schwerste Knochen des menschlichen Knochensystems ist der Oberschenkel. Die Oberschenkel sind sehr robust, da sie das gesamte Körpergewicht tragen müssen - wenn wir stehen, laufen oder springen. Knochen sind kein starres Gebilde, sondern unterliegen einer permanenten Transformation.

 

Die Körper im Sand liegen gefaltet unter ihren Augenlidern und atmen.

Leise Luft, leiser Hauch, stille Zeit.

 

Plötzlich -

 

Ein Ausatmen wie aus einem Mund. Ein. Lautes. Zischen.

 

tsssssszzzzzschhhhhhsschhhhhchzschhhchsshschzzzschstsssschhhzsszzsschhhhhhhsssssss

 

Von irgendwo her ein Lichtkegel in dem -

Wirbel, Staub, Wallungen, Gas,

Bläschen, Aerosole

tanzend

sich zu etwas verbinden.

Atemgemisch.

 

Bis keine Luft mehr ist.

 

 

 

 

Zwischenspiel 1: dort

 

Der unbekannte Steppentänzer

– vierbeinig, weich behuft, Pflanzenfresser, herdentreu, verspielt.

Jeder Tänzer ein beliebiges Sein.

Sie gehen nicht in einander auf.

Sie gehen in einander über.

Ohne abgesprochenes Ziel.

 

In der heißen Steppe spielen die Geliebten oft Verstecken miteinander. Dafür drehen sie sich rasend schnell im Kreis, wirbeln Staub auf und verschwinden darin.

 

Der andere muss seinen Liebsten dann lautlos rufen. So finden sie sich wieder.

 

 

 ...

 

 

 

Leseprobe. Bei Interesse für den volständigen Text kontaktiere mich gerne.

 

Collage: Der Steppentänzer. (2020)

 

 

Mit der Arbeit verfolge ich mein Interesse für ein erweitertes Verständnis von Tanz. Tanz als Bewegung, als Regung, als Empfindung findet überall und jeder Zeit statt. Der Text UND INNEN TANZEN WIR. IMMERZU beschwört durch poetische Schichtungen, imaginierte Körper, fiktive Räume, Klang und Stimme einen Tanz herauf. Ein „imaginärer innerer Tanz“, der in singulären, speziellen und situativen Momenten in den Körpern der Zuhörer*Innen/Zuschauer*Innen zur Aufführung kommt. Durch innere Bilder, Empfindungen, Träume und Vorstellungen.

 

 

UND TANZEN WIR INNEN. IMMERZU entstand im Rahmen des Arbeitsstipendiums der Hessischen Kulturstiftung.